16.04.2017

Huelgoat – Roscoff



Mit einem weinenden Auge verlasse ich gerade Frankreich. Ich habe nun wirklich nicht damit gerechnet, dass ich heute schon ins United Kingdom kommen könnte, aber gestern lief es wirklich so gut, dass ich am Ende 99,59 km auf dem Tachometer hatte, und das, ich wiederhole mich, gegen den Wind, mit ungefähr knappen 20 kg Gepäck. Als ich da in Huelgoat gestern dann endlich um 19 Uhr ankam, ging ich ins erst beste Hotel, es war ein 3 Sterne Schuppen. Mit 85 Euro die Nacht ist die Schmerzgrenze weit überschritten, ich fuhr also 300 Meter weiter und sah ein Chambre d’Hôte. Das sind gepflegte Unterkünfte, ähnlich Pensionen. In Uk würde man sagen Bed and Breakfast. Ich läutete also an der Eingangstür, da ertönte plötzlich eine unverständliche und piepsende Stimme. Verona Feldbusch läge im Vergleich zu dieser Stimme eher im Bartiton. Das war geradezu furchtbar. Und sie schrie weiter, in einer für mich darüberhinaus gehenden unverständlichen Sprache, bis ich endlich verstand, dass ich 10 Meter zurück gehen solle, ansonsten könne sie mich nicht sehen. Aus einem Erker im Dachjuchee blickte eine Frau, und fragte mich in Englisch was mein Anliegen sei. 

Ich brauche ein Bett, sagte ich, und sie kam von oben runter und öffnete die Tür. 

Das Zimmer kostet inklusive dem reichlichen Frühstück 50 €, begrüßte sie mich. Das Zimmer war ok, die Duschkabine war ins Eck geklascht, die Toilette am Gang. Hmm, was soll man dazu noch sagen. Sie ist aus Schottland, sagte sie, und lebt erst 7 Jahre hier. Deshalb verstand ich sie auch nicht. Also kurz gesagt, wir verstauten mein Bike in der Garage, ich nahm eine Dusche und verdünnisierte mich ins Ortszentrum. Die Lokale sind alle schwach besucht, denn es ist ja noch keine Urlaubszeit. 

Ich ging dann in Hotel, Bar und Restaurant am See, wo ich mir als erstes ein Bier kaufte, meinen Blog schrieb, und dann zum Speisen ging. Hervorragend, kann ich nur sagen. Das wird wohl das letzte Mal gewesen sein, dass ich was ordentliches zum Essen bekomme. 

Heute früh, Punkt 8 Uhr saß ich beim Frühstück, und es war wirklich reichlich. Ausnahmsweise habe ich heute hineingeschlichtet, was möglich ist. Ich hatte doch noch 60 km vor mir, und jetzt ging’s bergig weiter. Das ist zwar anstrengender, aber man sieht endlich wieder was. 

Seit 4 Wochen bin ich jetzt unterwegs, und mein Ziel ist das Nordkap. Meine Freunde und Kumpel sagen, dass ich das nie schaffe, aber die kennen mich nicht, ich werde das durchstehen. 

4 Wochen Mountainbikefahren, das sind 28 Tage in denen ich genau 2.079 km zurückgelegt habe, und 14.105 Höhenmeter bergauf gefahren bin. 

Täglich und stündlich gehen mir natürlich die wildesten Gedanken durch den Kopf, schaffe ich das wirklich, wo lande ich heute Abend, was mache ich wenn ich einen Plattfuß habe….usw…..und so fort.

Aber ich kann mir doch nich Gedanken machen, für Eventualitäten, die noch gar nicht eingetreten sind. …das ist übrigens typisch Deutsch.

Gestern Abend habe ich noch einen guten Aphorismus gelesen, ich habe eine Sammlung von ungefähr 1000 Aphorismen.

Der Ziellose erleidet sein Schicksal, der Zielbewusste gestaltet es!

Immanuel Kant

Ist es nicht so?  

Hat er nicht recht gehabt?

So funktioniert das Leben, so funktioniert das Buisiness, so funktioniert das Privatleben, so funktioniert es im Sport!

Und ich sitze jetzt auf dem Schiff, es schwankt, und ich kaufe mir jetzt ein Bier. Diese Überfahrt soll 5 1/2 Stunden dauern. Wir werden um 20:30 Uhr, britische Zeit in Plymouth ankommen, dann geht wieder die Zimmersuche an. Hier auf dem Schiff gibt es zwar WLAN, was aber genauso gut geht, wie wenn es nicht vorhanden wäre.

Aber was soll’s, früher gab es auch kein WLAN, und es war mindestens genauso schön wie jetzt, und es ruhiger! Letztes Jahr wurde ein Aufsteller in Facebook gepostet, auf dem normalerweise in einem Biergarten das Tagesgericht stehen würde. Ein Hüttewirt hat auf seinen Aufsteller folgenden Satz geschrieben:

Mia ham koa WLAN, reds hoid miteinanda!

Wir verlernen das Reden, und das Zuhören! Das aktive Zuhören!

Bilder kommen später, wenn ich wieder gutes Netz habe!

Bilder:

Alois auf dem Dampfer

Die Stadt Morlaix mit seinem Viadukt, oben fährt der Zug

Bei dieser Kirche stehen nur die Mauern – da ist die Baufirma wahrscheinlich in Konkurs


Die Brücke und der Wackelstein mit 130 to. Hier in Huelgoat hat anscheinend Cäser eine große Schlacht gegen die Osismier gewonnen. Dieser keltische Stamm kannte den Zaubertrank von Miraculix noch nicht.