28.5.2017


Ich hatte mir gestern in Steinkjer schon im Internet herausgesucht, wo ich schlafen könnte. Das ist ein Campingplatz rund 50 km entfernt. Dazwischen gibt es scheinbar nicht vie, bis gar nichts. Also ging ich schon in Steinkjer in den Supermarkt und kaufte mir etwas zu Essen und zu trinken. Denn ohne Mampf – kein Kampf! Ich muss mich wohl darauf vorbereiten, dass es immer schwieriger wird, eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden, je weiter ich in den Norden komme. Das Land ist sehr sehr dünn besiedelt. Ich habe ja nichts dagegen wild zu campen, das ist sicher spannend, allerdings nicht bei diesem Wetter, und vor allem bei dieser Kälte. Ich muss aber trotzdem auf jede Eventualität vorbereitet sein. Gut, vollgepackt bis Oberkante fuhr ich dann weiter Richtung Norden, ich war fit, und fühlte mich rundherum wohl. 

Kurz vor meinem Ziel entdeckte ich einen Wasserfall, allerdings war dieser sehr weit entfernt. Als ich gerade dabei war das Teleobjektiv zu montieren, stoppte ein Radfahrer, und fragte mich, ob ich eine lange Reise machen würde, allerdings auf norwegisch. Er schaltete sofort um auf englisch, und wir unterhielten uns über meine Reise. Ich erklärte ihm, dass ich am 5 km entfernten Campingplatz schlafen würde, aber auch eventuell weiterfahre, lud er mich zu sich nach Hause auf seinen Bauernhof ein. 

Das war natürlich super, wir radelten zu seinem Hof, und dann begann der Tag richtig Fahrt aufzunehmen. Herbjørn Kolstad gehört zu den 5 größten Landwirten Norwegens, hat auf dieser Hofstelle hier Milchkühe mit Nachzucht, und auf der anderen Hofstelle Mutterkühe und einen sexgierigen Bullen. Auf einer Fläche von ungefähr 300 ha betreibt er Ackerbau, das heißt, Winter- aber auch Sommergerste und Winterweizen, und so wie  ich das verstanden habe, Erbsen und Bohnen. Sowie natürlich die gleiche Fläche Grünland. Mit 10 Berufskollegen betreiben er noch eine Alm in den Bergen. Leider Gottes muss ich zugeben, dass er 6 Fendt Traktoren hat, einen MF und einen Claas, sowie 2 Claas Mährescher. Das Getreide wird Ende August gedroschen, im Anschluss geschrotet und in Silageballen siliert, um dann dem Silagegras zugemischt zu werden. Der Aufwand ist schon relativ groß, sowohl maschinenseitig als auch personell. Die Norwegische Landwirtschaft habe ich gut verstanden. Glaube ich…

Das Abendessen war sensationell gut, denn es gab Rindfleisch von der Hüfte, zart rosa gebraten. Das Fleisch war eine Woche in sauerer Milch eingelegt, dadurch wahrscheinlich so zart, dass es fast auf der Zunge zerging, wie Schokolade. Ich habe so etwas noch nie gegessen.

Sensationell!

Um 12 Uhr Nachts gingen wir noch gemeinsam auf die Weide, um nachzuschauen, das macht Herbjørn wohl täglich. 

Es wird hier auch nicht mehr richtig dunkel, das ist unglaublich, und nach 3 Stunden Schlaf war ich wieder wach, konnte aber sofort wieder einschlafen.

Heute früh um halb acht gab es dann noch eine Tasse Kaffee, und dann ging es zurück auf den Zweitbetrieb, wo mein Fahrrad stand. Und da wartete ich tatsächlich bis 11 Uhr, bis ich endlich losfahren konnte, obwohl es immer noch leicht regnete. Irgendwo wurde ich komplett abgeregnet, stoppte bei einer Tanke, und kaufte mir was zu essen und zu trinken. „Der Hunger treibts owe“, würde der Bayer sagen. Langsam wurde ich wieder trocken, aber halt nur langsam. Ab jetzt hatte ich keine große Freude mehr, ich würde nicht mehr richtig trocken, sodass ich beschloss, den nächsten Campingplatz anzusteuern, zumal dann der nächste scheinbar 70 km entfernt ist. Und das ist mir heute zu heiß!

Gestern bekam ich dann noch die Übersetzung der Ansprache in der „Deutschen Schule“ in Oslo, anlässlich des Nationalfeiertages in Oslo, eine Rede einer Schülerin, die man sich durch den Kopf gehen lassen sollte. Ich habe den Text nicht verbessert, sondern so belassen, wie ich ihn bekam.

Heute, an unserem Nationalfeiertag, ist es besonders wichtig, dass wir uns darüber Gedanken machen, was es ist, was wir heute feiern. Natürlich wissen wir warum wir feiern – wir feiern die Verfassung, die Nation – aber was feiern wir da eigentlich?

Was bedeuten die begriffe Nation und Nationalität?

Als die Verfassung Norwegens in 1814 geschrieben wurde, gab es einen deutlichen zusammenhang zwischen Nationalität und Geburtsort, Herkunft. Bald jedoch wurde diese Ansicht in Frage gestellt, als die Debatte um und Abschaffung des sogenannten Judenparagraphen, nach welchem unter anderen für Juden der Eintritt ins Land verboten war, es deutlich gemacht hat, dass in einer Demokratie die Nationalität nicht von der Herkunft bedingt sein durfte.

Was ist denn Nationalität? Wann entsteht es?

Ich denke, dass Nationalität dann entsteht, wenn unterschiedliche Menschen zusammen leben und sich darauf einigen müssen, wie allgemein menschliche Grundgedanken wie Freiheit und Gleichheit in ihrem Land praktisch umgesetzt werden sollen. 

Die Nationalität ensteht, weil historische, kulturelle oder auch geographische Umstände auf die Ideale von Freiheit und Gleichheit abfärben.

Zwar würden die Männer, die in 1814 die Verfassung geschrieben haben, meiner Definition von Nationalität wahrscheinlich nicht zustimmen. Trotzdem sind unsere wünsche für Norwegen ähnlich: eine Nation, die auf Freiheit und Gleichheit baut, und wo diese Ideale von uns verwaltet werden, die hier wohnen, und nicht zum Beispiel von dem dänischen Adel.

 Norwegen ist ein Einwanderungsland, und muss mit der Integration von Migranten proaktiv umgehen. Das kann die Politik nicht schaffen, das geht nur dann, wenn die Menschen mitmachen. 

Ich habe wieder eine kleine Hütte bekommen. Sofort habe ich mich in meinem Schlafsack verkrochen und eingemummelt, denn ich war total unterkühlt.

Jetzt geht es mir wieder gut – morgen geht es weiter bei kühlem Sonnenschein!

Mein Unterkunft heute Abend!

Nasse Fahrbahn und tiefhängende Wolken!

Ein Teil des norwegischen Fuhrparks!


Horsch Pronto mit 6m Arbeitsbreite!